ENGEL duo für Composite-Forschung am NCC in Bristol

ENGEL duo für Composite-Forschung am NCC in Bristol

Die Automobilindustrie und der Flugzeugbau gehören traditionell zu den bedeutendsten Industriezweigen im Vereinigten Königreich und entsprechend stark hat sich die Composite-Forschung und Verarbeitung dort etabliert. Eine wichtige Rolle dabei spielt Catapult. Vergleichbar mit der Fraunhofer Gesellschaft in Deutschland, bündelt Catapult im Vereinigten Königreich anwendungsorientierte Spitzenforschung und unterstützt die Industrie, schneller von neuen Technologien zu profitieren. „Wir sind eine Art Katalysator“, bringt es Paul Gallen, Bereichsleiter Automotive im NCC, auf den Punkt. Das NCC ist eines von insgesamt sieben Instituten, die mit jeweils einem eigenen Themenschwerpunkt das Catapult Netzwerk bilden.

Gegründet 2012, umfasst das NCC auf einer Fläche von derzeit 17.500 Quadratmetern hochmoderne Fertigungszellen, um die unterschiedlichsten Composite-Technologien abzubilden. Die mehr als 220 dort beschäftigten Ingenieure und Wissenschaftler arbeiten eng mit der University of Bristol, vielen weiteren Universitäten weltweit und vor allem mit der Industrie zusammen. Unternehmen – nicht nur aus UK – nutzen die Kapazitäten für eigene Entwicklungsprojekte. „Wir gleichen unsere Roadmap kontinuierlich mit der der Automobilhersteller ab“, so Gallen. „Der stärkere Einsatz von thermoplastischen Materialien im Composite-Leichtbau steht auf beiden Agenden weit oben.“

Treiber dieser Entwicklung sind vor allem zwei Gründe: „Zum einen ermöglichen thermoplastische Matrixmaterialien eine effiziente Weiterverarbeitung der Halbzeuge in einer Spritzgießmaschine und die Funktionalisierung mit Materialien aus derselben Werkstoffgruppe in einem vollständig integrierten, automatisierten Prozess“, erklärt Christian Wolfsberger, Business Development Manager Composite Technologies von ENGEL am Stammsitz in Schwertberg, Österreich. „Prozessintegration und Automatisierung sind die Voraussetzung, um die von der durch hohe Stückzahlen geprägten Automobilindustrie geforderten Stückkosten zu erreichen. Zum anderen vereinfachen thermoplastische Composites ein späteres Recycling der Bauteile und werden damit dem Trend zum Schließen von Wertstoffkreisläufen gerecht.“

Die technologische Basis für die Verarbeitung von thermoplastischen Faserverbundwerkstoffen verbreitert sich zusehends. Eine Vorreiterrolle nehmen Organobleche ein, aus denen vor allem in der Sportartikelindustrie bereits Serienprodukte produziert werden. In der Automobilindustrie gingen kürzlich die ersten Anwendungen an den Start. „Das Potenzial ist sehr groß“, unterstreicht Graeme Herlihy, President Western Europe von ENGEL. „Alle OEMs und Tier-1-Supplier befassen sich intensiv mit diesem Thema.“

Flexibel anpassungsfähig

Für viele Unternehmen in der Composite-Branche bedeutet der Trend zu thermoplastischen Materialien, dass sie sich mit völlig neuen Verfahren befassen müssen. Auch für das NCC ist es die erste Spritzgießmaschine. ENGEL lieferte eine duo 1700 Großmaschine inklusive einem Knickarmroboter von Kuka und einem integrierten Infrarot-Ofen. „Viele der namhaften Automobilhersteller und Tier-Supplier haben duo Maschinen in ihren Werken und außerdem arbeiten auch unsere Partnerinstitute in den USA und Japan mit diesem Maschinentyp“, nennt Gallen den entscheidenden Punkt, ebenfalls auf die Technologie und das Know-how von ENGEL zu setzen.“ Ein zweites Kriterium war die Flexibilität, die die ENGEL Systemlösungen eröffnen. Das breite Anwendungsspektrum aus eigenen Forschungsprojekten und Firmenkooperationen erfordert es, dass sich die Fertigungszelle in kurzer Zeit an immer wieder neue Anforderungen, neue Materialien und neue Technologien anpassen lässt.

Mit 17.000 kN Schließkraft eignet sich die duo Spritzgießmaschine für große Bauteile. Um praxisnah entwickeln zu können, basieren die Demonstratorwerkzeuge auf den Geometrien realer Autokomponenten. Die Musterteile weisen unterschiedliche Größen und Komplexitäten auf. Verarbeitet werden bislang vor allem Organobleche. Diese werden im IR-Ofen erwärmt, vom Roboter ins Werkzeug eingelegt, dort geformt und sogleich mit Kunststoff umspritzt. „Dass der IR-Ofen oberhalb der Schließeinheit sitzt, vereinfacht das Handling und reduziert die Zykluszeit“, berichtet Gallen.

Im Fokus weiterer Entwicklungen stehen unidirektional (UD) faserverstärkte Tapes. Mit Hilfe dieser UD-Tapes lassen sich besonders stark beanspruchte Bereiche im Bauteil gezielt verstärken, um das Leichtbaupotenzial noch besser auszuschöpfen. „Das NCC ist bereits heute führend im Bereich des automatisierten Faserlegens, da ist der Weg zu UD-Tapes nicht weit“, so Gallen. Mit drei unterschiedlich ausgelegten Tapelegezellen ist das NCC gut gerüstet, die Layups vor Ort zu produzieren und in einem integrierten Prozess weiterzuverarbeiten.

Vom Produktdesign bis zum Recycling

Das NCC ist eine integrierte Fabrik, alle Prozesse können im Gesamtkontext – von der Materialentwicklung über die Simulation, Konstruktion und Verarbeitung bis zum Recycling entwickelt und optimiert werden. „Gerade beim Thema Composites sind die Schnittstellen wichtig“, macht Sean Cooper, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am NCC deutlich. „In keinem anderen Bereich greifen Material, Design und Verarbeitung so stark ineinander. Verändert man nur einen dieser drei Faktoren, kommt am Ende ein völlig anderes Ergebnis raus.“ Auch für das spätere Recycling gilt es, schon während der Produkt- und Prozessentwicklung die Weichen zu stellen. In ersten Projekten befasst sich das NCC gemeinsam mit Industriepartnern mit hochwertschöpfenden Recycling-Konzepten. „Ziel ist es, dass zum Beispiel sicherheitsrelevante Bauteile aus langfaserverstärkten Materialien ein zweites Leben als Sitzbank oder Instrumententafel auf Basis kurzfaservertärkter Materialien erhalten“, so Gallen.

Viele Testreihen fahren die NCC-Entwickler von Beginn an zweigleisig, sowohl mit für die Automobilindustrie typischen Materialien vor allem aus der PA-Familie als auch mit den Hochleistungskunststoffen PEEK und PPS, die bevorzugt im Flugzeugbau Verwendung finden. „Über die letzten zwei Jahren hat sich die Flugzeugindustrie intensiv damit beschäftigt, was Thermoplast-Composites auch für sie tun können“, berichtet Gallen. „Ein Umstieg auf Thermoplaste führt in dieser Branche vielfach zu einem massiv kleineren CO2-Footprint.“ Den Anfang machen Hochvolumenanwendungen, die es durchaus auch im Flugzeugbau gibt. Befestigungselemente wie Klammern zum Beispiel, die bislang aus Aluminium oder Duroplast-basierten Composites bestehen. „Am Ende vom Tag stehen Composites immer im Wettbewerb zu Stahl oder Aluminium“, sagt Paul Gallen. „Composites kommen nur dann zum Zug, wenn die Teile noch leichter, die Stückkosten noch günstiger und die Fertigungsprozesse noch effizienter sind. Unser Ziel ist es, zusätzlich auch noch bessere Bauteileigenschaften zu erhalten.“

Source of information

Engel & Profibusiness.world

Date

28.12.2018

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